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Alles schlecht? Von der Europacup-Pleite zum rot-weiß-roten Tabellenführer

kicker

Nationalfeiertag. Ein paar rot-weiß-rote Fahnen werden schon noch von den Häuserwänden wehen, aber von der früheren Festlichkeit dieses Feiertags ist nicht mehr viel übrig. Im österreichischen Fußball wehen die Fahnen nach den jüngsten Schrammen im Europacup auch nur noch auf Halbmast. Die Liga, raunen einander die Stadionbesucher zu, sei schlecht wie nie. Die Zahl der Legionäre, die der Österreicher-Topf gut 20 Jahre lang weit unter dem europäischen Durchschnitt gehalten hat, sind wieder aus dem Ruder gelaufen, heißt es in den Diskussionen, junge Österreicher bekämen hingegen gar keine Chance mehr.

Es gibt schon Zahlen, die diese Raunzereien durchaus belegen. Etwa diese: Von den 21 Toren, die RB Salzburg in den ersten zehn Bundesliga-Runden erzielt hat, geht genau eines auf das Konto eines Österreichers - auf das des 33-jährigen Verteidigers Stefan Lainer. Aber das war auch in der besten Zeit der Bullen schon so. Genauso wie der Fakt, dass 21 der 30 Salzburger Kader-Spieler Legionäre sind.

Bei Meister Sturm Graz sieht die Sache mittlerweile nicht mehr viel anders aus. Dort stehen 17 Legionäre acht Österreichern gegenüber, auch sie haben erst ein rot-weiß-rotes Tor zur Tabellenführung beigetragen - in diesem Fall war es wenigstens ÖFB-U21-Stürmer Belmin Beganovic.

Rot-weiß-roter Tabellenführer WSG

Würde die Bundesliga nur Tore österreichischer Spieler zählen, wären die Salzburger, deren einem Österreicher-Tor sieben ÖFB-Gegentore gegenüberstehen, Letzter.

An der Spitze einer solchen fiktiven Tabelle stünde die WSG Tirol, die im echten Leben gerade noch den GAK und das am Samstag 2:0 besiegte BW Linz hinter sich lassen kann. Aus ihren zwölf Punkten wären 21 geworden, weil 14 ihrer 16 Treffer "made by Austrians" sind. "Es ist einfach unserem Budget geschuldet, dass wir möglichst viel Geld aus dem Österreicher-Topf lukrieren", ist die ehrliche Erklärung von Philipp Semlic, der mit acht Legionären das Auslangen findet und damit gemeinsam mit Austria-Trainer Stephan Helm die wenigsten "Gastarbeiter" beschäftigt. Der WSG-Trainer commited sich nicht nur zum österreichischen, sondern vielmehr zum Tiroler Weg, "weil nur die perfekte Kooperation mit der Akademie unseren Bundesliga-Standort gewährleistet."

Die Krux mit den Jungen

Die WSG hat nicht nur die wenigsten Legionäre im Kader, sie stellt mit einem Schnitt von 23,6 Jahren nach RB Salzburg (22,7) auch den jüngsten. "Obwohl ein 25-jähriger Legionär sicher eine Spur weiter ist als ein 20-Jähriger aus der Akademie, aber im best case können wir einen jungen Eigenbauspieler auch gewinnbringend verkaufen", so Semlic, der auch einige Jahre als Trainer im Sturm-Nachwuchs hinter sich hat.

Einer seiner damaligen Schützlinge hat er heute wieder unter seinen Fittichen - den seit kurzem 21-jährigen Moritz Wels. Gerüchte, wonach der in Tirol aufblühende Austria-Leihspieler, der bereits drei Tore geschossen hat, bereits im Winter nach Wien-Favoriten zurückbeordert werden könnte, kann Semlic nicht bestätigen: "Wir sind mit der Austria in gutem Austausch. Wenn man schaut, was für den Spieler das Beste ist, denke ich, ist es gut, wenn er noch bis zum Ende der Saison bleibt.“ Moritz Wels bringt in Tirol nicht nur gute Leistungen, er bringt den Tirolern über den Österreicher-Topf auch gutes Geld. "Wir haben auch schon die Berechnungen für das neue Modell gemacht, da sind wir der Klub mit dem zweithöchsten Anteil", verrät Semlic.

Den aktuellen Pessimismus, was die nächste Fußballer-Generation betrifft, teilt der 42-Jährige nicht. "Wenn ich mir die U-Nationalteams anschaue, sehe ich, dass Österreich immer noch große Talente hervorbringt und richtig gute junge Spieler hat. Nur muss man den Mut haben, sie auch einzusetzen." Und damit ist er wieder bei der Diskussion um den aktuellen Liga-Modus. "Der Trainer ist das schwächste Glied in der Kette, wenn es nicht läuft. Deshalb kann ich jeden Trainer verstehen, der sich dreimal überlegt, ob er statt dem 26-Jährigen den 19-Jährigen einsetzt." Diesbezüglich genießt Semlic in Tirol einen kleinen Luxus. "Normal wird’s schon unruhig, wenn ein Trainer zwei, drei Spiele nicht gewinnt. Bei der WSG weiß man, das solche Phasen vorkommen können und wird nicht gleich nervös."

Semlic weiß wovon er spricht, er hat gerade eine Serie von drei Niederlagen und sieben Spielen ohne Sieg hinter sich gebracht. "Im Vorjahr waren es einmal sogar neun Spiele ohne Sieg“, kann er des Vertrauens von Sportdirektor Köck ziemlich sicher sein. "Gegen Salzburg, Ried auswärts und Austria können drei Niederlage schon passieren, in der Qualifikationsgruppe könnte man sich drei Niederlagen nicht mehr leisten, weil da die direkten Gegner die Punkte mitnehmen."

Im Europa-Vergleich

Aber schon im Grunddurchgang tun sich viele Klubs schwer, auf ihre Talente zu setzen. Ligaweit sind bisher 27 U-20-Spieler eingesetzt worden, 16 davon haben einen österreichischen Pass. Das ist im internationalen Vergleich nicht so schlecht, wie es manche Medienberichte zuletzt haben aussehen lassen. Zwar gibt es traditionell jugendfreundliche Ligen wie die niederländische Eredivisie oder die französische Ligue 1, die in dieser Saison bereits 45 bzw. über 50 Teenager (allerdings bei 18 bzw. 20 Vereinen) im Einsatz sahen (in Spanien waren es bisher nur 20, sieben stellte Barcelona), aber Österreich befindet sich mit Ungarn (28), Portugal (26), Tschechien (24) usw. durchaus im europäischen Mittelfeld.

Als alleinige Erklärung für das schlechte Europacup-Abschneiden dient die zu kurz gekommene Jugendarbeit jedenfalls nicht. Griechenland (11. der UEFA-Fünfjahreswertung) hat erst acht U-20-Spieler eingesetzt, Zypern (17.) gar erst sieben (davon drei Zyprer). Was schon auffällt: Die sensationell auf Platz 12 vorgepreschten Polen (sie nützen die schwache Conference League mit vier Klubs am besten aus) haben in ihrer 18 Klubs starken Ekstraklasa zwar auch erst 30 Teenagern die Chance gegeben, davon sind aber nur drei Legionäre.

Die Legionärsfrage

Dabei liegt auch in Polens höchster Spielklasse der Legionärsanteil mittlerweile bei 48 Prozent - und damit um vier Prozent höher als in Österreich. In der heimischen Bundesliga ist der Ausländeranteil in den letzten zehn Jahren zwar von 28,1 auf 44,1 Prozent gestiegen, abgesehen von weitaus weniger potenten und sportlich irrelevanten Ligen ist das im Europa-Vergleich immer noch wenig. In den Top-Ligen sind Anteile von über 60 Prozent (Frankreich 62,1, Italien 67,0) keine Seltenheit, in der englischen Premier League sind es gar 70,6 Prozent. Eine Ausnahme bildet Spaniens La Liga, in der Legionäre nur 43,4 Prozent aller Spieler ausmachen. In den mit Österreich vergleichbaren Ligen Dänemarks und der Schweiz steht der Legionärsanteil bei 45,6 bzw. 53,9 Prozent.

Keine gute Phase

"Ich tu' mir schwer, über die internationalen Speile zu reden, da haben wir in Tirol doch andere Themen", maßt sich Philipp Semlic nicht an, das schwache Abschneiden der heimischen Klubs in Europa zu analysieren, "aber es ist schon so, dass Salzburg und Rapid auch in der heimischen Liga gerade keine gute Phase haben, dann ist es natürlich doppelt schwierig, im Europacup zu performen. Und Sturm spielt ja keine so schlechte Rolle. Bei Celtic kann man schon einmal unglücklich verlieren."