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Bensemann-Preisträger Klopp: "Ich hab's der Jury nicht leicht gemacht"

kicker

Natürlich musste es das schwarz-gelbe Mikrofon sein, nicht das blaue. Aber als Jürgen Klopp am Freitagabend das richtige in der Hand hatte, war er in seinem Element - und gab dem Publikum in der Nürnberger Tafelhalle erst mal ein paar Kinotipps. Die neue Adaption von "Der Graf von Monte Christo" sei zu langatmig, aber bei "Kanu des Manitu" habe er sich totgelacht. Die Möglichkeit, zwischendurch auch mal ins Kino zu gehen, ist einer der Vorzüge, die Klopp in seinem neuen Job genießt. Weg von der Trainerbank, unabhängiger vom eng getakteten Spielplan, ohne feste Abläufe. Trotzdem arbeite er auch als Head of Global Soccer bei Red Bull "überraschend viel", ob im Büro oder auf Reisen nach Japan oder Brasilien.

Dabei ist dem 58-Jährigen bewusst, dass von seinem Engagement bei RB, das er zu Jahresbeginn antrat, viele Fans längst nicht so begeistert sind wie er selbst. "Ich hab’s der Jury nicht leicht gemacht, mich auszuzeichnen", scherzte Klopp. Aber er müsse nicht von allen geliebt werden und könne es schon gar nicht allen recht machen.

„Mehr Beweis geht nicht für die kulturelle, soziale, politische Kraft des Fußballs.“ (Thiemo Müller, Mitglied der kicker-Redaktionsleitung)

Warum Klopp die Auszeichnung mit dem Walther-Bensemann-Preis unabhängig von der Debatte um seinen derzeitigen Arbeitsplatz verdient hat, begründete Thiemo Müller als Mitglied der Jury und der Redaktionsleitung des kicker in seiner Laudatio: "Jürgen Klopp ist es als Trainer vom ersten Tag an nie allein um Fußball gegangen im Sinne der rein technischen und taktischen Aspekte des Spiels. Sondern: Er hat sich immer als Kulturschaffender definiert." Mit Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit habe Klopp nicht die Titel, sondern stets die Entwicklung der Menschen um ihn herum in den Vordergrund gestellt und auch ein Scheitern erlaubt. Als viel zitierter "normal one" gelinge es ihm, allen auf Augenhöhe zu begegnen und zugleich einen Zugang zu den Superstars zu finden. Mit seinem Enthusiasmus und seiner Arbeiter-Mentalität sei er wie geschaffen gewesen für seine Klubs Mainz 05, Borussia Dortmund und FC Liverpool.

Ausgerechnet er als deutscher Trainer habe dem englischen Traditionsverein seine Identität zurückgegeben. Zum Dank formten die LFC-Fans bei Klopps letztem Heimspiel auf der Tribüne ein Herz in Schwarz-Rot-Gold. "Mehr Beweis geht nicht für die kulturelle, soziale, politische Kraft des Fußballs", betonte Müller. "Sie, sehr geehrter Jürgen Klopp, haben diese Kraft geweckt - als exzellenter Fußballlehrer, als Humanist, als Humorist, als Brückenbauer."

Auf die Frage, woher seine Wirkung auf Menschen komme, nannte Klopp im Gespräch mit Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein drei Faktoren: "Den Glauben habe ich immer, auf meine Erziehung kann ich mich meistens verlassen, und mein gesunder Menschenverstand funktioniert tadellos." Zwei seiner Förderer, der Mainzer Sportvorstand Christian Heidel und BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, saßen im Publikum. "Mein Entdecker und mein Katalysator", nannte Klopp die Wegbegleiter. Und er würdigte den Fußball-Pionier und kicker-Gründer Bensemann: "Ich wäre gern sein Freund gewesen, weil er ein außergewöhnlicher Kerl war. In seiner Zeit internationale Freundschaftsspiele auszutragen - ich glaube, wir hätten uns gut verstanden."

"Walther Bensemann wäre stolz auf Sie", sagte wiederum Bärbel Schnell, CEO des Olympia-Verlags, bei der Übergabe der Trophäe. Das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro spendet Klopp an "KickIn! - Beratungsstelle Inklusion im Fußball". Mit weiteren 5000 Euro verdoppelt er die Prämie für die Fanpreis-Sieger von der TSG Wilhelmsdorf. Und beim Glückwunsch an Buchpreis-Gewinnerin Barbi Markovic zeigte Klopp seinen Sinn für Selbstironie: "Wow, ein ungewolltes Fußballbuch! Ich habe auf diese Weise ein paar Tore geschossen."

Beim Fußballspruch des Jahres setzte sich Nils Petersen in der Publikumsabstimmung gegen Lothar Matthäus durch. Es scheint Klopp ein bisschen zu wurmen, dass er diesen Preis noch nie bekommen hat. "Einmal hätte ich gewinnen müssen", meinte er. "In Fürth habe ich mal einen Linienrichter gefragt: Wie viele Fehlentscheidungen sind erlaubt? Wenn es 15 sind, hast du noch eine frei." Dafür gab’s damals keinen Preis, sondern einen Platzverweis.