Der hochtalentierte Mittelfeldspieler, der noch im letzten Winter für die U 17 des SCW in der B-Junioren-Landesliga am Ball war, könnte damit als erster Wiedenbrücker überhaupt sein Länderspiel-Debüt geben und erstmals den Adler auf der Brust tragen. "Das ist überwältigend", schwärmt Vigo Wernet voller Vorfreude, während Wiedenbrücks Sportlicher Leiter Oliver Zech (38) betont: "Das macht uns als Verein unglaublich stolz."
Schließlich steht Wernet - wenig überraschend - als einziger Spieler eines Viertligisten im DFB-Kader, der gespickt ist mit Talenten der Bundesliga-Spitzenklubs wie dem FC Bayern München, RB Leipzig, Bayer 04 Leverkusen oder der TSG Hoffenheim. Da springt der Name SC Wiedenbrück natürlich direkt ins Auge.
Anfänge beim BSV Brochterbeck in Tecklenburg
Die besondere Geschichte von Vigo Wernet beginnt beim BSV Brochterbeck, einem kleinen Verein aus dem gleichnamigen Dorf, das zur nordwestfälischen Stadt Tecklenburg gehört. "Schon im Alter von vier Jahren wollte Vigo am liebsten jeden Tag zum Training", erinnert sich Vater Chris Wernet. "Wir haben das als Familie immer unterstützt, allerdings ohne jeden Druck. Die Motivation kam von ihm selbst."
Das Talent blieb nicht lange unentdeckt. Einige Jahre kickte Vigo Wernet für den Nachwuchs des aktuellen West-Regionalligisten Sportfreunde Lotte, nach dem Umzug der Familie ins ostwestfälische Paderborn für die U 13 und U 14 des Zweitligisten SC Paderborn 07. Außerdem besucht er seitdem das dortige Reismann-Gymnasium, das auch einen Schwerpunkt Sport anbietet und so zusätzliche Trainingseinheiten und gleichzeitig auch entsprechende Freistellungen, etwa für Lehrgänge des Verbandes, ermöglicht.
Vor etwas mehr als drei Jahren schloss sich Vigo Wernet der U 15 des SC Wiedenbrück an, spielte dort in der Westfalenliga und damit in der zweithöchsten Spielklasse. Es folgten gut eineinhalb Jahre bei der U 17 in der Landesliga, bis sein Trainer und großer Förderer Justin Kemper (31) dem damals neuen SCW-Cheftrainer Sascha Mölders (40) empfahl, sich das Mittelfeldtalent einmal im Training anzusehen. Der frühere Bundesliga-Torjäger, zu dessen Trainerteam Justin Kemper damals noch gehörte, erkannte schnell das Potenzial des erst wenige Wochen zuvor 16 Jahre alt gewordenen Nachwuchsspielers. Daraufhin integrierte er ihn zunächst fest im Trainingskader der Herren und dann - nach vorzeitig erwirkter Spielberechtigung - auch umgehend in sein Regionalliga-Team.
Debüt gegen Jugendklub Sportfreunde Lotte
"Sascha hat ein sehr gutes Auge und vor allem auch ein Gespür dafür, was in jungen Spielern steckt", lobt der Sportliche Leiter Oliver Zech den Cheftrainer, der aber nicht nur Wernets Fähigkeiten erkannte, sondern auch den Mut hatte, mitten im Kampf um den Klassenverbleib auf ein 16-jähriges Talent zu setzen. Sechs Ligaspiele absolvierte Vigo Wernet noch in der abgelaufenen Saison, stand dabei immer in der Startformation.
Seine Feuertaufe feierte er ausgerechnet im Spiel bei seinem Jugendklub Sportfreunde Lotte und löste dabei den Schalker Mika Wallentowitz (inzwischen 17) als jüngsten jemals eingesetzten Spieler in der Regionalliga West ab. Der Offensivspieler, der aktuell wieder für die U 19 der Knappen am Ball ist, war bei seinem Debüt in der vierthöchsten deutschen Spielklasse am 15. November 2024 exakt 16 Jahre, zehn Monate und 18 Tage jung.
Während beim vorherigen Rekordspieler Mika Wallentowitz bislang noch kein zweiter Regionalliga-Einsatz dazugekommen ist, hat Vigo Wernet trotz seines jungen Alters längst den Sprung geschafft und ist ein fester Bestandteil der ersten Mannschaft des SC Wiedenbrück. In dieser Saison kam er nur in zwei von 13 Begegnungen nicht zum Einsatz, lief viermal von Beginn an auf und wurde siebenmal eingewechselt. Vorläufiger Höhepunkt: Beim jüngsten 5:2-Heimsieg gegen die U 23 von Fortuna Düsseldorf absolvierte der zentrale Mittelfeldspieler seine erste Partie über die vollen 90 Minuten.
"Vigo hat von Beginn an angezeigt, dass er sich der Herausforderung stellen möchte", sagt Sport-Chef Oliver Zech. "Er ist sehr lauf- und zweikampfstark, hat ein sicheres Passspiel und eine herausragende Ballannahme- und -mitnahme", zählt er die Vorzüge des Top-Talents auf. Cheftrainer Mölders begeistern außerdem die Charakterzüge seines "Rohdiamanten" im Team: "Er ist mutig, reflektiert und gibt bei uns auf dem Platz den älteren Teamkollegen schon Anweisungen. Das ist absolut bemerkenswert."
"Positives Feedback" beim Perspektivlehrgang
Von diesen Qualitäten konnte sich zuletzt auch Deutschlands U-18-Nationaltrainer Hanno Balitsch (44) überzeugen, der Vigo Wernet Anfang Oktober erstmals für einen DFB-Perspektivlehrgang in Grünberg bei Gießen nominierte. Der erste Kontakt war zuvor über Balitschs Assistenten Pascal Pellowski (36) erfolgt, der einst gemeinsam mit Oliver Zech für die zweite Mannschaft des VfL Bochum am Ball war.
"Obwohl ich zuvor niemanden kannte, habe ich mich beim DFB-Lehrgang sofort wohlgefühlt", berichtet Vigo Wernet, der in einem internen Trainingsspiel auch gleich über 90 Minuten mitwirken und sich anschließend auch über ein "positives Feedback" vom Trainerteam freuen durfte.
Der verdiente Lohn war nun die feste Nominierung für das U-18-Länderspiel gegen Luxemburg (Dienstag, 28. Oktober, ab 16 Uhr in Duisburg), bei dem Vigo Wernet auf seine Premiere im DFB-Trikot hoffen darf. Zunächst stand mit dem SC Wiedenbrück am Samstag noch das wichtige Ligaspiel beim direkten Konkurrenten Bonner SC an, das Wernet (kam nicht zum Einsatz) und Co. mit 1:2 verloren. Direkt im Anschluss startete der zentrale Mittelfeldspieler, der auf der Sechser-, der Achter- oder auch der Zehnerposition spielen kann, am Sonntag mit den DFB-Junioren in die Vorbereitung auf das Duell mit dem Nachbarland.
Zahlreiche Scouts in Wiedenbrück vor Ort
Es bleibt die Frage, wie lange der SC Wiedenbrück als kleinerer Verein aus dem unteren Tabellendrittel der Regionalliga West noch Freude an seinem Juwel haben wird. "Es ist kein Geheimnis mehr, dass sich bei uns seit Monaten die Scouts auf der Tribüne häufen", stellt Wiedenbrücks Sportlicher Leiter Oliver Zech nüchtern fest: "Wenn ein 16-Jähriger bereits Stammspieler in der Regionalliga ist, dann wäre es schon überraschend, wenn es kein Interesse höherklassiger Vereine gäbe."
Vater Chris Wernet lobt jedoch die Verantwortlichen des SC Wiedenbrück und macht ihnen zumindest Hoffnung, dass ein Wechsel nicht schon unmittelbar bevorsteht. "Vigo fühlt sich bei der ersten Mannschaft sehr wohl. Er weiß, dass er speziell auch Sascha Mölders sehr viel zu verdanken hat", betont er. "Aktuell kann er sich beim SCW sehr gut entwickeln. Alles Weitere werden wir zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden."
Klar ist: Sollte Vigo Wernet, dessen vier Jahre jüngerer Bruder Levi übrigens auch schon für die U 13 von Arminia Bielefeld spielt, beim DFB-Team ebenso überzeugen wie als Youngster in der Regionalliga West, dann dürften ihm in der Zukunft viele Türen in Richtung Profifußball offenstehen.