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Durch Zufall zum Erfolgstrainer: Wie Bernd Schröder den Fußball in der DDR prägte

kicker

"Gründen Frauen Fußball Mannschaft. Bitte melden. 3. März 1971. 18 Uhr im Klubhaus Walter Junker". Eines Tages im Februar 1971 hing dieser Aushang im Betrieb der Energieversorgung Potsdam. "Kein Schwein wusste davon. Das sollte ein Scherz sein", erinnert sich Bernd Schröder im neuen kicker-Podcast "Verboten gut - Wie Frauen den Fußball erobern".

Schröder war zu dieser Zeit Ingenieur bei der Energieversorgung, er vergaß den Zettel schnell. Am 3. März ging er ins Klubhaus - und geriet zufällig in die Gründungsversammlung. "Ich wollte eigentlich nur etwas essen, aber am Ende war ich der neue Trainer", erzählt er. Er wird gefragt, ob er die neue Frauenmannschaft trainieren möchte. Eine Fußballmannschaft - egal ob Männer oder Frauen - hatte er bis dato noch nicht trainiert. Doch er sagte zu und war plötzlich Fußballtrainer.

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Frauenfußball war in der DDR, anders als in der BRD, offiziell nicht verboten, doch gefördert wurde er kaum. "Frauenfußball war keine olympische Disziplin. Wenn wir gesagt hätten, wir holen Gold, wäre es einfach gewesen. Aber so hatten wir Probleme", erklärt Schröder. Der DDR-Sport war stark auf olympische Erfolge ausgerichtet, und ohne Aussicht auf Medaillen blieb Frauenfußball eine Randerscheinung.

Der neue Verein Turbine Potsdam kam gut an in der Stadt. "Von Anfang an hatten wir das Gefühl, dass wir angekommen sind in der Bevölkerung. 1.800 bis 2.000 Zuschauer kamen zu den Spielen. Das war ehrlich, bodenständig", so Schröder. Doch Weg war beschwerlich. Der Mannschaft fehlt es an allem. Schröder kann für die Spielerinnen zwar Trikots organisieren, Nummern und Embleme müssen sie allerdings selber annähen.

Lange mussten die Frauen um offizielle Wettbewerbe kämpfen. Erst 1979 organisierte der Deutsche Turn- und Sportbund die erste offizielle Meisterschaft, die sogenannte  "DDR-Bestenermittlung". "Wir mussten Druck auf die Funktionäre machen", erinnert sich Schröder.

Turbine Potsdam verpasste zunächst die Finalrunde, doch 1981 gewann die Mannschaft sensationell das Turnier, das Zuhause in Potsdam stattfand. Als Gewinn gab es 50 Mark, Trainer Schröder wurde als "Aktivist der sozialistischen Arbeit" ausgezeichnet. Die Mannschaft belegte bei der Wahl der "Sportler des Jahres" sogar den ersten Platz - noch vor Olympiasiegern und Weltmeistern.

Turbine Potsdam wurde eines der Spitzenteams. Den Titel "DDR-Bester" gewann Turbine von 1981 bis 1986 weitere fünf Mal. Zur Saison 1987/88 dann der Durchbruch: Die Sportfunktionäre gaben endlich grünes Licht für eine eigene Liga. Die DDR-Frauenfußball-Oberliga nahm in der Saison den Betrieb auf. In der zweiten Saison feierte Turbine Potsdam im neuen Modus den Meistertitel - den sechsten und letzten in der DDR.

1989 dann wurde die Frauen-Nationalmannschaft auf der anderen Seite der Mauer, in der BRD, zum ersten Mal Europameister. Trainer Schröder verfolgte das Finale live im Stadion. Er wollte mehr, er wollte sich mit Mannschaften aus ganz Europa messen. Doch eine Nationalmannschaft gab es in der DDR weiterhin nicht - noch nicht.

Im selben Jahr gründete der Deutsche Fußball-Verband eine Nationalmannschaft. Wie auch beim DFB konnte sich der DFV den Entwicklungen im Frauenfußball nicht mehr entziehen. Was noch fehlte, war ein Trainer. Doch auch der wurde schnell gefunden. Sein Name: natürlich Bernd Schröder.

Die Spielerinnen trainierten im Herbst 1989 für ihr erstes Länderspiel gegen die Tschechoslowakei, das im Mai in Potsdam stattfinden sollte. Doch dann kam der 9. November 1989. Der Staat brach zusammen, die Mauer war Geschichte. Die DDR hatte jetzt endlich eine Nationalmannschaft, doch es gab quasi keine DDR mehr.

Das Länderspiel fand trotzdem statt. Die Spielerinnen liefen im Stadion ein, auf ihren blauen Trikots prangten Gold, Hammer und Zirkel. Die DDR-Hymne ertönte - für die Beteiligten keine einfache Situation. Schröder erinnert sich: "Wir konnten damit nicht umgehen, dass wir plötzlich für unser Land spielen und wissen: Es ist eigentlich das letzte Mal."

Mit dem Fall der Mauer kämpften viele DDR-Vereine ums Überleben. Leistungsträgerinnen wechselten zu Westvereinen. Und umgekehrt? Da kam keine West-Spielerin zu einer Mannschaft in den Osten.  Es musste eine gemeinsame Lösung für die Zukunft des Frauenfußballs her. 1990 ging es in Berlin an den Verhandlungstisch. Die Referentin für Frauenfußball beim DFB, Hannelore Ratzeburg, und Bernd Schröder verhandelten hart, wie eine gemeinsame Liga aussehen könnte.

Wie es mit Turbine Potsdam nach dem Fall der Mauer weiterging, sowie viele weitere spannende Hintergründe, Einblicke zur Geschichte des deutschen Frauenfußballs gibt es im neuen kicker Podcasts "Verboten gut - Wie Frauen den Fußball erobern". Zu hören in der kicker App, auf kicker.de und überall da, wo es Podcasts gibt, unter anderem auf Spotify, Apple Podcast, Amazon Music und Deezer.