Eine Kolumne von Tobias Reichmann
L.A. Das ist Sonne, das ist Strand, das sind lässige Beach Boys, die Basketballer der L.A. Lakers - und: Handball. Handball in Los Angeles? Handball in den USA? Klingt falsch. Dabei ist es eigentlich nur logisch und seit dem gleichermaßen engagierten wie motivierten Einstieg von Lewis Howes - selbst ehemaliger US-Handball-Nationalspieler - endlich auch Realität.
Der Präsident und Besitzer des Los Angeles Handball Club investiert gerade viel Geld und Zeit, um den Handball in den Staaten populärer, größer und erfolgreicher zu machen.
Hochtalentierte Oldstars
Handball in L.A. - das klingt zu schön, um wahr zu sein. Aber auch für mich ist genau das wahrgeworden. Seit dem vergangenen Wochenende zähle ich zu dem bunt gemischten Kader, der sich für die Klub-WM qualifizieren will. Das ist das Fernziel im Herbst 2026 - und so lange habe ich mich - wie viele andere frühere Weltklassespieler - in Kalifornien verpflichtet.
Zu meinen Teamkollegen zählt neben den Deutschen Martin Strobel und Joscha Ritterbach sowie den österreichischen Hermann-Brüdern auch der Slowene Vid Kavticnik, einst sehr erfolgreich in Kiel am Ball. Das ist schon eine hochtalentierte Allstar-, beziehungsweise Oldstar-Truppe, gemischt mit amerikanischen Talenten und Stammspielern.
Mein erstes Turnier mit L.A. jetzt in Denver hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Ja, das Turnier - die Amerikaner spielen ihre Liga im Turniermodus - war jetzt nicht vergleichbar mit den Turnieren auf unserem deutschen Niveau. Aber wenn man bedenkt, dass die US-Spieler normalerweise ihre Reisekosten selbst zahlen müssen, wenn sie mit ihren Vereinen bei den Turnieren antreten, dann waren wir mit L.A. jetzt schon gut aufgestellt.
Handball und die USA - das passt
Und Lewis Howes, der übrigens wie seine mexikanische Ehefrau und Schauspielerin Martha Higareda mit zusammen über zehn Millionen Followern zu den weltweiten Mega-Influencern zählt, tut alles, um das handballerische Niveau in den USA auf ein neues Level zu heben.
Diese Entwicklung scheint ja auch überfällig. Handball und die USA - das passt. Sport, Spektakel, Action - genau darauf stehen die Amerikaner doch! Und apropos Vorlieben: Auch wir haben als internationale "Gastspieler" beim Turnier in Denver ein paar typische amerikanische Geschmäcker kennen- und direkt liebengelernt: Pancakes mit Sirup im Diner zum Frühstück - und üppige Steakgerichte am Abend. Massephase at it's best sozusagen.
Sportlich gesehen dürfte es Lewis Howes und den Fans von L.A. auch geschmeckt haben. Das Niveau ist vergleichbar mit der deutschen vierten Liga würde ich sagen. Wir konnten alle Spiele gewinnen. Sollte uns das beim nächsten Turnier Ende Februar in New York und dann wahrscheinlich im Juni gegen den Ozeanienmeister, den Südamerikameister und ein kanadisches Team auch gelingen, wären wir tatsächlich für den Super Globe im Oktober qualifiziert.
Warum keine Einbürgerung?
Und ich könnte nochmal gegen alte und vor allem deutlich jüngere Weggefährten spielen. Das wäre der Hammer. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg und wir haben viel Arbeit vor uns.
Handball in L.A. Da entsteht gerade etwas richtig Großes. Und wer weiß, wie groß die Handball-Bewegung in den USA noch wird - zumal ja 2028 auch die Olympischen Spiele in Los Angeles sein werden. Damit die USA da aber auch handballerisch ihren American Dream auf die Platte bringen können, müssen sie noch viel arbeiten. Oder ein paar internationale Top-Handballer einbürgern. Wer weiß, vielleicht sieht man mich ja doch nochmal in einem Nationaltrikot…
Tobias Reichmann hat dreimal die Champions League gewonnen, in 106 Spielen für Deutschland 291 Tore geworfen und galt Zeit seiner Karriere als einer der meinungsstärksten Profis. Heute arbeitet er bei seiner Firma EHM als Remote Personal Trainer für Profis und Amateure. Für handball-world.news ordnet der 37-Jährige in regelmäßigen Abständen aktuelle Themen aus der Welt des Handballs ein.